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Lass uns sicher spielen

Lesezeit: Minuten
„Ich hasste den Computer meines Sohnes,“ schreibt die Brigitte Kolumnistin Julia Karnicke in ihrem Blog. Die Kolumnistin ist mit dieser Aussage ganz sicher nicht allein.

Eltern sind häufig nicht gut auf Computerspiele zu sprechen. Die Kinder tauchen aus dem Familienleben ab in die Spielewelt. Die Eltern verbringen schlaflose Nächte mit Sorgen über Spielsucht, Radikalisierung, oder sexueller Belästigung und quälen sich tagsüber durch zähe Verhandlungen über die Spielezeiten ihrer Sprösslinge.

Ich bin dann mal weg

Im Zusammenhang mit Computerspielen tauchen zwei Begriffe immer wieder am Rand auf: Flow und Immersion. Beide Begriffe stammen aus der Psychologie. Flow kommt von englisch „fließen“ und beschreibt den ausbalancierten Zustand zwischen Herausforderung und dem sich steigernden Beherrschen einer Tätigkeit, auf die man sich fokussiert.

Immersion bezeichnet das Eintauchen in eine Figur, eine Fantasiewelt oder eine Vorstellung. Beide Zustände lassen das Zeitgefühl zurücktreten und schaffen ein Gegengewicht zum Alltag. Beide Zustände sind auf ihre Weise erfüllend und beglückend. Das machen sich Games zu Nutze und so wird die Spielzeit ausgedehnt. Das bedeutet für die Kinder, dass es im ungünstigen Fall zu problematischem Spielverhalten führen kann. Besonders Kinder mit bestimmten Schwierigkeiten in der Emotionsregulierung oder ungünstige Ausgleichsstrategien von unangenehmen Gefühlen (beispielsweise Angstgefühle, Einsamkeit, Frustration etc.) sind gefährdet.

Bedenkliches Verhalten bei Computerspielen ist erreicht, wenn das Kind:

  • soziale Verabredungen wie Hausaufgaben, Abendessen mit der Familie, Sportverein, Freundinnen oder Freunde treffen vergisst
  • nicht wie gewohnt ins Bett geht oder morgens schon erschöpft scheint
  • sich schlecht konzentrieren kann oder sich immerfort bei Onlinespielen anmelden möchte
  • aggressiv oder extrem wütend reagiert, wenn die Spielzeit (durch Urlaub oder Unternehmungen) verkürzt wird
  • jegliches Interesse an Dingen verloren hat, die es früher schätzte


Problematisches Spielverhalten kann sich besonders dann zum Problem auswachsen, wenn die täglichen Spielzeiten mit 12 Jahren sprunghaft ansteigen: bei Jungen von durchschnittlich 174 min auf 269 min und bei Mädchen von durchschnittlich 117 min auf 169 min am Wochenende.

Wesentlich ist, mit den Kindern im Gespräch und damit in Verbindung zu bleiben, auch über schwierige Phasen hinweg – selbst wenn es auf taube Ohren zu treffen scheint. Computerspiele sind eine Kulturtechnik, deren Umgang die Kinder lange und mit Unterstützung einüben sollten, um ein angemessenes Verhalten zu entwickeln.

Welche Rolle spielt der Jugendschutz?

Zusammen mit dem Jugendmedienschutz bildet der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) die Basis für das Jugendschutzgesetz. Das neue Jugendschutzgesetz sorgt dafür, dass Filme oder Spiele verbindlich und einheitlich Alterseinstufungen erhalten, ob online oder im Einzelhandel. Das Gesetz sieht vor, dass etwa Kostenfallen, unbeschränkte Kontaktfunktionen oder glücksspielähnliche Elemente durch Kennzeichnungen mit Symbolen, die neben die bekannte Alterskennzeichnung tritt, transparent gemacht werden müssen.

Problematisches Spielverhalten wird durch folgende Faktoren gefördert:

  • das Spiel nimmt kein Ende – es werden immer neue Spielerlebnisse ohne endgültiges Ziel angeboten
  • das Spiel geht in besonderer Weise auf Bedürfnisse, Wünsche und Fähigkeiten der Spielenden ein und belohnt sie häufig und unverdient
  • die Zugehörigkeit zu einem Team fördert schnelle Spielfortschritte und die Kinder erhalten viel Wertschätzung und Anerkennung. Das erhöht jedoch auch den Gruppendruck.
  • das Spiel enthält Belohnungssysteme wie Loot-Boxen – entweder gegen Geld oder für erfolgreiches Spiel. Heben sich die Spielenden durch Geld- oder Zeitinvestitionen einen bestimmten Rang „erspielt“, bindet das zusätzlich ans Spiel.
Für welche Altersgruppen Computerspiele geeignet sind, wird durch die USK, die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle festgelegt. Europaweit regelt PEGI, die „Pan European Game Information“ als Empfehlung die Altersfreigabe für Spiele. Darüber hinaus gibt sie Auskunft, ob ein Spiel zum Beispiel vulgäre Sprache oder Sex-Szenen enthält.

Negative und nicht altersentsprechende Einflüsse von Medien auf Kinder mögen damit eingeschränkt sein, jedoch nicht die Möglichkeit, dass Heranwachsende im Rahmen eines Spiels über andere Kommunikationsplattformen auf sexuelle oder extremistische Anbahnungsversuche treffen. Die Begleitung von Kindern und Jugendlichen bei ihren Erfahrungen mit Computerspielen erfordert viel Einsatz und Updates von den Eltern. Neben der Alterskennzeichnung sollten Erziehungsberechtigte daher die Spielkontakte sowie Streaming- und Videoplattformen im Auge behalten.

Gesetzlich sorgt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) dafür, dass Kinder und Jugendliche in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien vor Angeboten mit Gefährdung für ihre Entwicklung oder Erziehung geschützt sind.
Was man sonst noch tun kann:

  • Gehen Sie als gutes Beispiel voran: legen Sie Ihr Smartphone beim gemeinsamen Abendessen oder bei Gesprächen mit Ihrem Kind zur Seite.
  • Verhindern Sie den Zugriff auf Seiten mit nicht kindgerechtem Inhalt (Pornografie, Gewaltszenen). Eine Jugendschutzsoftware wie JusProg kann dabei helfen. Mit der Software können Eltern schnell, einfach und kostenlos für mehr Sicherheit beim Surfen auf dem Computer sorgen.
  • Verschaffen Sie sich immer wieder einen Überblick, was Ihr Kind beim Computerspielen und auf den entsprechenden Chatplattformen macht. Auf Webseiten wie spielbar.de können Eltern einen guten Einblick in aktuelle Spiele erhalten.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Spiel kann für Kinder und Eltern ebenfalls in Form von Workshops zu brisanten oder kreativen Themen rund um Computerspiele stattfinden, wie sie beispielsweise die Initiative Creative Gaming e. V. anbietet. Auch Schulen sind zu diesem Thema gefordert, indem sie Elternabende, Aktionstage oder Projektwochen zu bestimmten Problemfeldern anbieten, oder Lernspiele als Positivbeispiele und Lernmethode in den Unterricht einbinden.

Julia Karnickes Sohn ist inzwischen erwachsen. Er verbringt nur noch selten Zeit mit Computerspielen und honoriert heute den erzieherischen Aufwand seiner Eltern mit den Worten: „Ich weiß nicht, was ihr anders hättet machen können. Ich glaube, gar nichts…“

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