Studien belegen, dass das, was Menschen in den sozialen Netzwerken als Mehrheit wahrnehmen, oft nichts weiter ist als eine Illusion. So hat die US-amerikanische Forscherin Kristina Lerman von der University of Southern California dazu Bemerkenswertes herausgefunden: Mit der Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter hat die Art der Meinungsbeeinflussung ganz neue Formen angenommen. Sie zeigt das an folgendem Beispiel:
Die 14 Icons in der oberen Grafik stehen für 14 verschiedene Personen, die in sozialen Netzwerken aktiv sind. Die drei orange eingefärbten Personen vertreten eine Meinung, die von der Meinung der grauen Personen abweicht. Es ist also eine Meinung, die nur eine Minderheit (3 von14) vertritt. Allerdings sind die orangen Knoten – im Unterschied zu den grauen – sehr aktiv. Sie sind mit vielen anderen Knoten vernetzt.
Je öfter sie nun ihre Meinung zu einem Thema posten, desto häufiger werden alle „Freunde“ damit konfrontiert. Wenn dann noch – wie in der Abbildung – die grauen Personen weniger aktiv sind und mit mehr orangenen als grauen Personen befreundet sind, verfallen sie der Illusion, dass die Meinung der orangenen Personen die vorherrschende ist. Sie sind geneigt, diese zu übernehmen – auch wenn es sich dabei nur um die Meinung einer Minderheit handelt.
In den aktuellen Debatten zur Meinungsbildung finden sich weitere wichtige Begriffe wieder, die teilweise schon sehr lange aus der Meinungs- und Medienwirkungsforschung bekannt sind.
Medien und Journalisten üben mit diesem Agenda-Setting eine große Macht auf die Bildung der öffentlichen Meinung aus. Sie bestimmen zwar nicht, was Menschen über etwas denken, doch sie bestimmen über was sie eine Meinung bilden. Mit dem Aufkommen des Internets und sozialer Netzwerke können inzwischen neben Journalisten auch viele weitere Akteure die Rolle der Gatekeeper einnehmen.
Eine Studie des Pew Research Center (2014) ergab, dass der Mechanismus der Schweigespirale auch in sozialen Netzwerken zum Tragen kommt. Grundlage war die Befragung von rund 1.800 Nutzern sozialer Medien zu den NSA-Enthüllungen. Nur 42% waren bereit, ihre Meinung zu den Enthüllungen in den sozialen Netzwerken zu posten, während 86% zu einer Offline-Diskussion bereit gewesen wären. Die Forscher schlossen daraus, dass auch soziale Netzwerke und ihre einfache Vernetzung mit Gleichgesinnten nicht dazu ermutigen, dass sich Menschen mit einer abweichenden Meinung zu einem Thema äußern.
Grafik: Meinungsmacher Internet
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