Fälle wie diese sind in der digitalen Welt heute leider keine Seltenheit. Noch vor wenigen Jahren war von der „Internet-Revolution“ die Rede. Man feierte das Internet als demokratisches und demokratisierendes Medium. Viele Netzaktivisten glaubten daran, dass die sozialen Netzwerke Menschen nicht nur verbinden würden, sondern durch diese Form des sozialen Miteinanders sogar eine neue Kontrollinstanz entstehen könnte, eine Art fünfte Gewalt.
Umfrage
Normen und Werte, wie wir sie offline kennen und leben, werden heute im Netz oft nicht beachtet. Gerade die vermeintliche Anonymität der sozialen Medien scheint es Menschen leicht zu machen, verletzende Kommentare und Hassbotschaften zu posten. Wie geht man damit um, wenn es immer Menschen gibt, die Normen und Werte bewusst brechen, die mobben oder ihrem Hass freien Lauf lassen? Ist es möglich, aus dem Internet ein tatsächlich soziales und demokratisches Medium zu machen?
Es gibt keine allgemeingültige Definition von Verantwortung. Denn diese kann unterschiedlich begründet sein, etwa durch unterschiedliche Kultur, Moral, soziale Normen oder das gültige Recht. Sie kann sich auf Handeln, auf Unterlassen oder auf Umstände beziehen, die ohne persönliches Zutun entstanden sind. Verantwortung kann als die Pflicht einer Person, Gruppe oder Institution verstanden werden, für bestimmte Umstände einzustehen. Ein Recht auf Freiheit etwa, bringt auch die Verantwortung mit sich, die Freiheit anderer zu respektieren. Oder wie es der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck formulierte: „Die Freiheit der Erwachsenen heißt Verantwortung.“
Es gibt wichtige Normen und Regeln, die sich auf das eigene Verhalten im Internet beziehen. Einige von ihnen finden sich gar als Grundrecht wieder, zum Beispiel im allgemeinen Persönlichkeitsrecht, wie das Recht am eigenen Bild. So dürfen Andere keine Informationen oder Bilder von Personen ohne deren explizite Zustimmung veröffentlichen, diese auf Bildern ohne ihr Wissen und Einverständnis taggen.
Doch was ist mit den Bereichen, die nicht eindeutig sind? Gehört es zur persönlichen Verantwortung, sich einzumischen und zu positionieren, wenn man den Eindruck hat, dass in sozialen Netzwerken Unrecht geschieht? Oder schaltet man das Handy einfach aus und betrachtet damit den Sachverhalt als erledigt?
Vermutlich ist kaum ein Recht frei von Pflichten und mit Sicherheit benötigt jede gesellschaftliche Freiheit anhaltende Anstrengungen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung etwa, das für eine demokratische Gesellschaft essentiell ist, ist nicht selbstverständlich. Rechte sind gesellschaftliche Ideale, die nicht nur das Glück des Einzelnen, sondern die Freiheit aller garantieren sollen. Ein Leben nach den eigenen Vorstellungen leben zu können, ohne andere im gleichen Bestreben einzuschränken – das gilt eben auch für das Miteinander in sozialen Netzwerken.
Das Internet darf keine Spielwiese für Behauptungen, Lügen, alternative Fakten, Beleidigungen oder böswillige Vermutungen sein. Zum verantwortlichen Handeln in sozialen Netzwerken beispielsweise gehören Quellenangaben, Prüfungen auf Plausibilität, kritisches Hinterfragen der Interessen des Absenders und eine skeptische Grundhaltung.
Zur Verantwortung im Netz gehört aber auch: Sich für andere einzusetzen. Im Fall des jungen Adam Bahriz ist genau das passiert. Ein Zuschauer des Live-Streams war entsetzt von dem Vorgang und postete das Geschehen in einer großen Online-Community. Binnen weniger Stunden sprachen Adam tausende Spieler Mut zu.
Und dabei blieb es nicht: Streamern wie Adam kann auf dem Twitch Geld gespendet werden und genau das passierte in ungewöhnlicher Höhe. Während die Spieler, die Adam beleidigten und aus dem Spiel warfen, für mehrere Tage gesperrt wurden, zeigte die Community bei Adam eine klare Haltung und die tatsächlichen Möglichkeiten eines soziales Medium auf.
Projektidee: Das Internet - meine Maske?
Projektidee: Zuschauer, Mitläufer, Täter?